Africa light – und doch mehr Abenteuer als gedacht

Eine nicht ganz gewöhnliche Reise nach Marokko

Ende März irgendwo im Hohen Atlas. Unsere Entscheidung steht, wir wollen schnellst möglich zurück in die EU. Erste Berichte aus Ceuta sagen, dass die Grenze offen ist. Reisen in Zeiten von einer aufziehenden Pandemie kann mehr Abenteuer sein als man wollte. Aber jetzt von Anfang.

Es ist November als uns klar ist, dass wir diesen Winter wieder für 5 Wochen aus dem Job rauskommen und uns auf eine Reise begeben können. Der auserkorene Zeitraum ist von Februar bis Anfang April. Der Winter bleibt uns also noch um unseren 35 Jahre alten Reise-LKW namens Ludwig fit für den TÜV und die 10.000km lange Reise zu machen.

Ende Februar ist es dann soweit. Mit dem letzten und in diesem Winter auch einzigen Schneefall geht es von Berlin los in Richtung Süden. Für Ulrike stehen noch ein paar Bürotage auf dem Programm, so entschließe ich mich einen Zwischenstopp in der alten Heimat in der Nähe von Saarbrücken einzulegen. Ulrike wird mit dem Zug nachkommen.

Vier Tage später nehmen wir unser letztes Frühstück in Deutschland zu uns. Die erste Landesgrenze zu Frankreich kam nach nicht einmal 30 min. Frankreich empfängt uns mit Dauerregen. Das einzige Highlight an diesem verregneten Tag ist der Einkauf in einem großen französischen Supermarkt. Diese großen Supermärkte in Frankreich erinnern mich immer ein wenig an die gigantischen „Supermarkets“ in den USA. Mit ordentlichen Mengen an Cremant, Garnelen und Käse machen wir uns auf den Weg weiter nach Süden. Da wir Maut sparen wollen geht es auf kleinen Landstraßen bergauf und -ab durch das Burgund bis wir unseren Übernachtungsplatz mitten in Besançon finden. Die nächsten Tage müssen wir etwas mehr Strecke machen, sonst schaffen wir unsere Fähre in Barcelona nicht.

So sind die nächsten Tage auch reine Fahrtage entlang der Rhone und weiter der Mittelmeerküste folgend über die Pyrenäen nach Barcelona. Übernachtet haben wir an so verschiedenen Orten wie dem Pont du Gard, Cap’d Age und der Costa Brava.

Im Hafen Barcelonas angekommen hieß es erstmal warten! Unsere Fähre, die aus Genua kam hatte über 4h Verspätung. Die ersten Anzeichen der aufziehenden Corona-Pandemie, denn die Verspätung kam durch ein sehr aufwendiges Eincheck-Verfahren in Genua zustande. Im Fahrzeug wartend verfolgten wir den historischen Einzug des 1.FC Saarbrücken in das DFB Halbfinale. Pünktlich zum entscheidenden Sieg-Elfmeter öffnete sich für uns das Tor zur Fähre. Vor uns liegen nun 28h Fährfahrt bis wir in Tanger Med wieder an Land können. 

Unser eigentlicher Plan in Tanger war gewesen, dass wir den Hafen verlasen und uns gleich darauf einen Übernachtungsplatz suchen. Daraus wurde wegen der Verspätung und sehr langen Einreiseverfahren wegen Temperaturmessungen dank der Corona-Pandemie nichts und wir entscheiden uns mit anderen Reisenden die Nacht im sicheren Hafen von Tanger Med zu verbringen.

Unser erstes Ziel in Afrika ist die im berüchtigten Riffgebirge gelegene „Blaue Stadt“ Chefchaouen. Böse Zungen behaupten, dass der Name Riffgebirge eigentlich von Kiff kommt, das hier seit der Hippiezeit angebaut und angeboten wird. So verwundert es uns nicht, dass man sogar aus einem fahrenden Auto heraus während dem Überholen versucht Hasch zu verkaufen. Nicht nur wegen den hohen Strafen, die auf Besitz von Drogen in Marokko gelten, lehnen wir dankend ab. Chefchaouen empfängt uns mit sonnigem aber zugleich auch frischem Wetter. Hier oben auf über 1000m ist es Anfang März noch recht kühl. Da wir uns den Ort genauer anschauen wollen und zum Akklimatisieren entscheiden wir uns einen Campingplatz aufzusuchen. Einer der wenigen besuchten Campingplätze auf unserer ganzen Reise. Beim Einparken passiert es dann! Die Bremsleitung der Hinterachse reist ab. Nach 35 Jahren ist sie einfach durch Rost durchgerottet. Gut, dass uns dies hier auf dem Campingplatz und nicht auf einer Bergstraße im Gebirge passiert ist. Jetzt heißt es erstmal Tee trinken und abwarten.

Der Ausbau der Bremsleitung ist schwieriger als wir es uns gewünscht haben. Durch Rost ist alles sehr fest und wir müssen den gesamten Bremszylinder ausbauen und in einen Schraubstock einspannen um den Rest der Leitung ab zu bekommen. Zum Glück kennt der Campingplatzbetreiber einen Mechaniker, der uns aus dem Rest unserer und dem Rest einer zweiten alten Bremsleitung eine neue zusammenlöten kann. Der Einbau geht dann recht schnell. 

Cefchaouen begeistert uns auf Anhieb! Zu Beginn der 2000er Jahre fing ein Künstler an sein Haus blau zu streichen. Seitdem machen es ihm immer mehr Hausbesitzer nach und fast die ganze Stadt ist mittlerweile in verschiedene Blautöne gehalten und zu einem Touristenmagneten in Nord-Marokko geworden.

Nach dem ganzen Trubel in Chefchaouen sind wir nun reif für die Ruhe der Wüste. Der Weg dorthin führt uns mit Übernachtungen auf wilden Wiesen und über den Zedernwald von Azrou, wo wir freilebende Berberaffen bewundern können, nach Er Rachidia. Fast den gesamten Weg nach Er Rachidia bewegen wir uns auf Höhen zwischen 1500m und 2000m. Die Landschaft wird immer kahler. So langsam aber sicher erreichen wir unsere erste Steinwüste. Umso weiter wir uns nach Süden wagen umso karger wird die Landschaft und bald darauf tauchen die ersten Oasen auf. In einer dieser Oasen schlagen wir auch unser Nachtlager auf.

Erst gegen Mittag verlassen wir nach einer ruhigen, sternenklaren Nacht unser Lager in der Oase. Im nächsten Ort füllen wir nochmal unsere Reserven auf und versorgen uns noch einmal mit genügend Internetguthaben für die nächsten Tage. Unser Ziel ist das „Erg Chebbi“. Von da wollen wir entlang der algerischen Grenze nach Süden ins Erg Chegagga.

Kurz nach unserem Einkauf können wir am Horizont die ersten Ausläufer der Sahara in Form von hohen Sanddünen sehen. Mit jedem Kilometer kommen die Sanddünen immer näher, bis wir direkt am Übergang von der Stein- in die Sandwüste stehen. Nach ein paar kurzen Erkundungsfahrten am Rande des Dünenfeldes entscheiden wir uns einen Nachtplatz für die Nacht zu suchen. Die Idee war nur mal schnell in den Dünen schauen ob das ein guter Lagerplatz wäre. „Für das kurze Stück müssen wir keine Luft ablassen“ war meine Aussage. Faulheit muss bestraft werden und so haben wir uns noch keine 10 min später im weichen Sand des Erg Chebbi festgefahren. Jetzt heißt es, Schaufel raus, Räder freischaufeln und Sandbleche davor. Wir sind hellauf begeistert als wir nach wenigen Minuten wieder frei sind. Jedoch währt die Freude nicht lange denn nur wenige Meter weiter stecken wir wieder mit allen vier Reifen fest. Das Spiel wiederholt sich noch fünf! mal bis wir mit deutlich reduziertem Luftdruck wieder raus aus dem Dünenfeld sind. Der nächste Versuch unternehmen wir dann am südlichen Ende des Erg Chebbi und finden eine etwas verdichtete Sandpiste, die uns zu unserem Lagerplatz mitten in den Dünen führt. Wir genießen unseren ersten Sonnenuntergang bei Trommelklängen von einem nahen Camp in den Dünen.

Die nächsten Tage werden wir uns außerhalb der Zivilisation und immer in Sichtweite der algerischen Grenze aufhalten. Die marokkanisch algerische Grenze ist seit einem Grenzkrieg 1963 dauerhaft und für jeden Grenzübertritt geschlossen. Zudem wurde eine demilitarisierte Zone 15km auf beiden Seiten der Grenze eingerichtet. Noch heute akzeptieren beide Seiten den aktuellen Grenzzug nicht.

Die Tage am Rande der Sahara werden immer heißer. Das Thermometer klettert hier in der Wüste im März bereits auf über 30°C. Die Nächte können noch eisig kalt werden und so müssen wir uns meist nach Sonnenuntergang wieder ins Innere unserer Einzimmerwohnung zurückziehen oder uns in Decken gehüllt am Lagerfeuer wärmen. Die ersten Pistenkilometer führen uns über üble Steinpisten nach Süden. Die ersten Etappen sind recht eintönig. Nur die Durchquerung eines Queds südlich der Oase Ramlia bringt Abwechslung. Erst geht es durch einen großen Palmengarten bevor es über eine steile Abbruchkante ins Qued geht. Das gesamte Qued, immerhin 4km breit ist voll mit kleinen Sanddünen und die Spuren der Piste verlaufen sich im tiefen Sand. Wir suchen den für uns besten Weg und versuchen ohne anzuhalten durch das Dünenfeld zu kommen. Das gelingt uns sehr gut und so erreichen wir am Abend ohne uns einzusanden aber ordentlich zugestaubt ein kleines Seitental mit einer großen Sanddüne in dem wir unser Nachtlager aufschlagen. An diesem Tag begegnen uns auch die ersten frei lebenden Dromedare. Zunächst ein atemberaubender Anblick, der aber in den nächsten Tagen und Wochen fast Normalität wird.

Der Brunnen neben unserem Nachtlager ist leider ausgetrocknet. Am Abend genießen wir eine warme Dusche aus dem Wassersack und die Stille der Wüste. Nach dem Aufwachen hatte jemand von uns Beiden die verführerische Idee die hinter uns liegende Sanddüne zu erklimmen. Aus diesem Vorhaben wurde mehr Frühsport als geplant. Durchgeschwitzt oben angekommen mussten wir feststellen, dass es außer Sand dahinter auch nichts zu entdecken gab. 

Nach einer Rutschpartie den Dünenhang hinunter geht es wieder auf die Piste. Hier im südöstlichen Marokko wechseln sich Stein- und Sandwüste mit ausgetrockneten Seen ab. In den Steinwüsten werden wir meist ordentlich durchgeschaukelt, dafür können wir es auf den ausgetrockneten Seen laufen lassen.

Nach einem der zahlreichen Militärcheckpoints erreichen wir eine Oase mit einem Brunnen, an dem wir unser Wasser auffüllen. Dabei hören wir das Nahen eines LKW Motors. Beim Näherkommen stellen wir fest, dass es sich um weitere Allrad LKW-Reisende handelt. Beim genauen Hinsehen erkennen wir, dass sie auch noch aus meiner alten Heimat, dem Saarland, kommen. Gemeinsam beschließen wir die Nacht unter den Dattelpalmen neben dem Brunnen zu verbringen. Nach der ersten Flasche Wein bekommen wir Besuch vom marokkanischen Militär. Sie bitten uns mit unseren Druckluftbremsen ihren Reifendruck aufzufüllen und fragen uns noch nach Zigaretten. Nach der zweiten Flasche Wein bekommen wir wieder Besuch vom Militär. Diesmal mit der Bitte unser Nachtlager an einen anderen Ort zu verlegen, da ihr Vorgesetzter ein Problem mit dem nahen Übernachtungsplatz hätte. Also wird das Nachtlager kurzerhand abgeschlagen und wir machen uns auf den Weg zur Piste. Nach Informationen der Soldaten sollen wir auf halber Strecke zum nächsten Militärposten unser Lager aufschlagen. Gesagt getan. Mit den letzten Sonnenstrahlen finden wir eine kleine Ansammlung von Sträuchern, bei denen wir lagern wollen. Also auf zur dritten Weinflasche. Also die geleert ist bekommen wir abermals Besuch. Diesmal vom vor uns liegenden anderen Militärposten. Deren Kommandant hat nun festgestellt, dass unser Lager ein paar hundert Meter zu nahe an der algerischen Grenze liegt und bitten uns ihnen zu folgen um zu einem wirklich „sicheren“ Übernachtungsplatz zu kommen. Mitten in der stockfinsteren Nacht folgen wir dem Militärjeep weiter Richtung Süden. Dabei sind die Soldaten ständig in Kontakt mit ihrem Posten. Wir vermuten, dass über Bodenradar gecheckt wird ob wir weit genug von der Grenze entfernt sind. Nach einer ca. 30-minütigen Suche finden wir einen guten Platz neben einer verlassenen Nomadensiedlung. Die Soldaten fragen noch nach Zigaretten und verschwinden wieder in die dunkle Nacht. Wein Nummer 4 und 5 und ein tiefer Schlaf folgen!

Nach staubigen Tagen in der Wüste erreichen wir den Wüstenort Zagora. Nach der Einsamkeit der Wüste kommt uns dieser 40.000 Einwohner Ort sehr groß und laut vor. Auf Empfehlung finden wir einen ruhigen kleinen Campingplatz in einem Palmenhain. Definitiv einer der schönsten Campingplätze der ganzen Tour. 

Da sich auf den letzten Pisten das Endrohr von unserem Auspuff verabschiedet hat entschließen wir uns hier eine Werkstatt aufzusuchen. Während die marokkanischen Mechaniker den Auspuff wieder auf Vordermann bringen vertun wir uns die Zeit bei einem Tee. Dabei müssen wir feststellen, dass die zu Beginn der Reise anbahnende Pandemie schneller und heftiger kommt als gedacht. Sowohl alle Fährverbindungen als auch Flugverbindungen nach Europa sind eingestellt. Wir sitzen fest! Wir beschließen den Abend mit dem schmieden von Alternativplänen zu verbringen. Bei genauerem Hinsehen fällt uns auf, dass es nicht einfach wird Marokko zu verlassen. Im Norden das Mittelmeer, das wir ohne Fähre nicht überqueren können, im Osten Algerien, dessen Grenze geschlossen ist. Im Süden Mauretanien, für welches wir kein Visum haben und das uns nochmal 3000km weiter weg von Europa bringen würde. Also bleibt nur abwarten! Unser Plan ist es nun noch ein paar weitere Tage in der Wüste zu verbringen, danach im Großraum Marrakesch oder Rabat aufhalten und Kontakt zur deutschen Botschaft aufnehmen.

Nach einer unruhigen Nacht entscheiden wir das Beste aus der Situation zu machen und nehmen zusammen mit unseren saarländischen Reisebekannten Kurs auf das Erg Chegaga. Abermals wird es sehr staubig, zumal wir uns an die Fersen von Norberts Unimog heften. Sein nur 5,5t schwerer Unimog ist in den ausgedehnten Sandfeldern natürlich viel agiler als unser betagter nur 130PS starke und dafür 9t schwerer Ludwig. Allerdings schlägt er sich tapfer und wir verbringen weitere tolle Tage in der Einsamkeit der Wüste. Die Abende lassen wir zu viert mit viel Wein und Lagerfeuer ausklingen. Hier erleben wir völlig unbeschwerte Tage abseits des in Europa ausgebrochenen Coroan-Chaos. Während unserer Zeit in der Wüste erreichen uns immer mehr Nachrichten aus Europa. Spanien verhängt eine Ausgangssperre genauso wie Frankreich, das freien Reisen in Europa ist Geschichte, die Länder schließen ihre Grenzen, der Flugverkehr wird fast komplett eingestellt. Wir entscheiden uns eine Nacht in Foum Zguid zu verbringen und abermals unsere Reisepläne zu überprüfen. Am Morgen steht der Entschluss, von hier nicht weiter nach Süden zu reisen, sondern Richtung Atlas. Von dort hätten wir die Möglichkeit binnen einer Tagesetappe an den nördlichen Fährhäfen, wie auch in Marrakesch am Flughafen zu sein.

Es folgt ein intensiver Mailverkehr sowohl mit der deutschen Botschaft als auch mit dem Auswärtigen Amt in Berlin. Laut Informationen der deutschen Botschaft ist derzeit ein Grenzübertritt in die spanische Enklave Ceuta nicht möglich. Dies wäre unser einziges Tor in die EU. Als wir unserer Vorräte nach Wochen in der Wüste auffüllen sind wir überrascht wie viel Betrieb im Supermarkt ist. Bisher haben wir nur einmal in Marokko in einem Supermarkt eingekauft, ansonsten immer auf Märkten. Damals war deutlich weniger los als an diesem Nachmittag.

Am darauffolgenden Tag sollen wir erfahren warum der Supermarkt so überfüllt war. Auch hier hat jetzt das Hamstern eingesetzt. Der König hat über Nacht einen kompletten Lockdown des Landes angeordnet. 

Wir setzten unsere Reise in den Hohen Atlas fort. Eine andere Möglichkeit haben wir derzeit nicht! Bei der Fahrt über den 2915m Hohen Tizi-n’ Ouano stellen wir fest, dass sich die Stimmung im Land rapide ändert. Durch den Lockdown stehen die Menschen Marokkos vor dem Nichts! Kurzarbeitergeld? Staatliche Förderung? Alles Fehlanzeige! Leider machen die Marokkaner pauschal uns Touristen für die Pandemie verantwortlich. Leider nicht ganz zu Unrecht, ist doch Patient Null aus Italien eingereist. An dem Abend fällen wir nach vielen Telefonaten und reichlich Gesprächsstoff eine weitreichende Entscheidung! Wir machen uns auf den Weg nach Deutschland oder zumindest in die EU. Weiterhin hat die deutsche Botschaft nur die Information, dass die Landesgrenze zu Ceuta für Nicht-Spanier geschlossen ist. Wir entscheiden uns am folgenden Morgen trotzdem auf den Weg nach Ceuta zu machen.

Ab diesem Tag beginnt also quasi unsere „Flucht“ aus Marokko, oder besser gesagt die Flucht vor Corona. Vor uns liegen 800km vom Hohen Atlas quer durch Marokko vorbei an den Großstädten Rabat, Casablanca und Tanger bis an die Grenze zur spanischen Enklave. Noch während der Fahrt machen Gerüchte die Runde, dass man als Europäer mit einem gültigen Fahrticket von Ceuta zum spanischen Festland auch die Grenze passieren darf. Also buchen wir schnell online ein Fährticket während der Fahrt. Die letzten mehreren hundert Kilometer müssen wir durch die dunkle, stürmische Nacht fahren und erreichen mitten in der Nacht die Grenze. Die marokkanischen Grenzschützer fragen uns nach einem Fährticket und fertigen danach alle Grenzformalitäten für die Ausreise ab. Nun heißt es Daumen drücken! Aus Marokko ausgereist sehen wir bereits den spanischen Grenzer von der Guardia Civil vor uns. Offiziell befindet sich Spanien in einem Ausnahmezustand mit Ausgangssperre. Ausländer dürfen offiziell nicht einreisen. 

Sehr erleichtert sind wir als das Tor nach Europa sich öffnet. Übrigens, das besagte Tor ist tatsächlich ein richtiges Tor. Für uns ein sehr interessanter Perspektivenwechsel, vor allem im Hintergrund der Migrationskrise. Erstmals können wir am eigenen Leibe erfahren wie es ist, wenn das ersehnte Land in Blickweite liegt man aber nicht hinkommt!

Nach vielen Stunden im Hafen von Ceuta sind wir äußerst glücklich endlich auf einem Schiff in Richtung Algeciras, der südspanischen Hafenstadt zu stehen. Allerdings sind wir an dieser Stelle noch über 3000km von Berlin entfernt. Das Ganze in der größten Krise Europas. Laut Informationen aus dem Auswärtigen Amt sind Rückreisen innerhalb der Europäischen Union gestattet. Hoffen wir mal, dass diese Informationen auch in allen EU Ländern ankamen. In Spanien reisen wir entlang dem Mittelmeer durch völlig verwaiste Städte wie Barcelona. Der Grenzübertritt nach Frankreich verläuft völlig problemlos in der Nacht. Wir haben tatsächlich Spanien in zwei Tagen komplett durchquert. Nun nur noch die Grenze nach Deutschland meistern und wir sind quasi wieder so gut wie zu Hause. Doch diesen Plan haben wir ohne zwei Polizisten in Dijon gemacht. Wir fahren gerade von einem Rastplatz wieder auf die Autobahn als uns ein Fahrzeug mit aufgesetztem Blaulicht überholt. Die französischen Polizisten geben uns zu erkennen, dass wir ihnen folgen sollen. An einer Abfahrt fragen sie uns auf gutem Englisch nach dem Grund unserer Reise. Wir geben an, dass wir vor 3 Tagen von Marokko in die EU eingereist sind und jetzt auf dem Heimweg nach Deutschland sind. Diese Begründung genügt den Beiden nicht und sie wollen uns in unserem Fahrzeug an einem zugewiesenen Platz festsetzen. Zudem sei eine dreistellige Strafzahlung wegen Verstoß gegen die Ausgangssperre zu zahlen. Dies verneine ich vehement und bestehe darauf nach einem Telefonat mit der deutschen Botschaft in Paris mir mein Vergehen auf dem Polizeipräsidium schriftlich zeigen zu lassen. Darauf lassen sich die Polizisten ein. Mit unseren Pässen fahren sie vor uns zum Polizeipräsidium. Die Fahrt endet allerdings nach 15 min abrupt. Wir bekommen unsere Pässe zurück und werden mit den Worten „Bon Voyage“ verabschiedet. Ziemlich erleichtert setzen wir unsere Fahrt fort und wundern uns noch über den plötzlichen Sinneswandel, da klingelt auch schon das Telefon.

Am anderen Ende der Leitung ist ein Mitarbeiter der deutschen Botschaft und erkundigt sich ob wir wieder unterwegs seien und ob es uns gut geht. Die Mitarbeiter der Botschaft in Paris haben tatsächlich für uns im Hintergrund einige Hebel in Bewegung gesetzt.

Völlig erleichtert überqueren wir die Grenze nach Deutschland in Saarbrücken. Seltsam dass uns ausgerechnet wieder in meiner alten Heimat ein Gefühl von Freiheit überkommt. Was uns sofort auffällt ist wie gut es uns in Deutschland trotz Lockdown und Ausgangsbeschränkungen im Vergleich zu anderen EU Staaten geht. Nach einer letzten Nacht in Thüringen erreichen wir nach über 10.000km wieder Berlin! Marokko haben wir mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlasen. Das Land hat uns so sehr fasziniert, dass wir es schade fanden so Hals über Kopf verlassen zu haben. Trotzdem können wir glücklich sein in wahrhaftig letzter Minute die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nur wenige Stunden nach unserer Ausreise aus Marokko wurde auch die Grenze zu Ceuta endgültig geschlossen. Uns persönlich bekannte Reisende hatten nicht so viel Glück und sitzen während ich diese Zeilen schreibe noch immer in Marokko fest. In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch nochmal bei der Deutschen Botschaft in Rabat, der Deutschen Botschaft in Paris und dem Auswärtigen Amt in Berlin bedanken. Wir wurden immer nach bestem Wissen auf dem Laufenden gehalten und bei unseren Belangen immer gehört. Natürlich können uns die Botschaftsmitarbeiter nicht an die Hand nehmen, das ist auch nicht ihre Aufgabe! Wenn jemand reist ist er auch immer für sich und seine Entscheidungen selbst verantwortlich!

Schukran und Beslama Marokko, wir sehen uns wieder!