Nomaden der Lüfte

Im Herbst ergabt sich durch Zufall eine Lücke in meinem Dienstplan von etwas mehr als einer Woche. Schnell war klar, dass ich diese Woche nicht im herbstlichen Berlin verbringen möchte. Bei meinen Überlegungen lacht mich mein in einer Ecke geparkter Gleitschirm an und spricht leise zu mir, lass uns fliegen gehen.

Somit ist die Entscheidung nach der Richtung der Reise schnell gefallen. Es geht in die Berge! Jetzt muss nur noch das Wetter und vorhandene, fliegbare Gebiete gecheckt werden. Da für den ersten Tag ein Besuch in Ulrikes Heimat Dresden ansteht fällt die Überlegung zuerst auf das Riesengebirge. Bei der Anreise liegt Dresden quasi auf dem Weg. Nach etwas Recherche zu den Fluggebieten verwerfe ich diese Idee wieder und konzentriere mich lieber auf die Fluggebiete der Alpen. Der Plan ist also, das Wochenende in Dresden bzw.. Radebeul zu verbringen, bevor es für mich alleine weiter in die Alpen geht. Als Reisefahrzeug entscheide ich mich wegen der etwas höheren Reisegeschwindigkeit für den Bulli und gegen Ludwig. Zumal es in den Fluggebieten der Alpen oft etwas eng für Ludwig wird.

So verlassen wir zu zweit Berlin in Richtung Süden und steuern einen Stellplatz ,den wir zuvor im Stellplatz-Radar ausgemacht haben, in Radebeul an. Der Stellplatz liegt sehr schön auf dem Gelände eines Kanuclubs direkt an der Elbe. Zum Abendessen geht es in einen schönen Weingarten im direkt angrenzenden Ort Kötzschenbroda.

Den Abend lassen wir mit unseren Stellplatznachbarn am Lagerfeuer ausklingen.

Am nächsten Morgen steht ein Brunch mit Freunden aus Ulrikes Jugend auf dem Plan. Danach wollen wir die Weinberge rund um Radebeul mit unseren Wanderschuhen unsicher machen. Zuerst geht es auf den Steinrücken und weiter über das Lößnitztal zum Weingut Hof Lößnitz.

Im Radebeuler Lößnitztal fährt noch eine traditionelle Schmalspurbahn mit Dampflokomotive. Leider schaffen wir es nicht eine Fahrt mit der Bahn zu unternehmen. Der Fahrplan ist sehr eingeschränkt und man sollte es frühzeitig in die Planung mit aufnehmen.

Den Nachmittag lassen wir auf dem Hof Lößnitz bei Flammkuchen und Neuem Wein ausklingen.

Unsere gemeinsame Reise endet nach nur zwei Tagen am Dresdener Hauptbahnhof. Ulrike die am darauffolgenden Tag wieder ins Büro muss besteigt einen Fernbus nach Berlin und ich mache mich auf den Weg weiter nach Süden. Mein Ziel für heute Abend ist die Region um Rosenheim. Für den nächsten Tag ist für die ganze Alpenregion kein Flugwetter vorhergesagt. Nach einer etwas längeren als geplanten Fahrt und einer gesperrten Autobahn erreiche ich erst spät Bad Aibling und finde am Kurpark eine gute Übernachtungsmöglichkeit.

Nach einem entspannten Frühstück am nächsten morgen mache ich mich im strömenden Regen auf den Weg nach Kössen, einem sehr guten und beliebten Fluggebiet der Nordalpen. Dort quartiere ich mich gegen meine Überzeugung auf dem 4 Sterne Campingplatz ein. Größtes Argument für den Campingplatz war die auf dem Platz vorhandene Sauna mit Pool. Somit kann ich gut die Zeit des Wartens totschlagen.

Am nächsten morgen erwartet mich erwartungsgemäß feuchtes Wetter mit Hochnebel. Erst gegen Mittag kommt die Sonne durch und gibt den Blick auf den Startplatz frei. Nach zwei sehr schönen Flügen endet der erste Flugtag dieser Reise an der Fliegerbar.

Da am kommenden Tag bereits wieder eine Störung in Form einer Kaltfront vorhergesagt ist mache ich mich auf den Weg nach Süden auf die Alpensüdseite. 

Meine erste Anlaufstelle ist Silian im Hochpustertal. Hier habe ich Fliegen gelernt und hierher komme ich gerne zurück. Nach einem leckeren Abendessen bei der „Silianer Wirtin“ nächtige ich am Landeplatz. In Silian besteht im Herbst die größte Hürde bei der Auffahrt auf den Berg. Die Bergbahnen sind zu der Jahreszeit bereits in Revision und bereiten sich auf die Wintersaison vor. Wenn die örtliche Flugschule Schulungen hat, kann man mit denen und ihrem Flugschulbus für einen kleinen Obulus auf den Berg fahren. Also ist an dem Morgen meine erste Anlaufstelle die Flugschule „Bluesky“ im Ortskern von Silian. Leider gibt es aktuell keine Schulungen und somit für mich auch keine Möglichkeit kraftschonend auf den Berg zu kommen.

Ich entscheide mich nach einem zweiten Frühstück für die Weiterreise nach Greifenburg in Kärnten. Unterwegs mache ich noch einen Stop in Lienz. In der Nacht musste ich feststellen dass meine Stirnlampe den Geist aufgab. Somit beschaffe ich mir in einem der zahllosen Outdoorläden in Lienz eine neue. Bei der Weiterfahrt nach Greifenburg bemerke ich auf einem Parkplatz eines Supermarkts den grünen Laster von HippieTrail. Michaela und Torben sind mit ihren beiden Kindern gerade auf Langzeitreise Richtung Saudi Arabien unterwegs. Die Gelegenheit nutzte ich natürlich für einen Austausch. Für sie geht die Reise weiter nach Slowenien und für mich entlang des Drautals nach Greifenburg.

In Greifenburg ist die erste Anlaufstelle das Fliegercamp direkt neben dem Landeplatz. Erwartungsgemäß ist das Camp recht leer. Außer mir sind nur noch 4 weitere Flieger im Camp. Schnell bildet sich eine Gemeinschaft und die Organisation eines Shuttles wird übernommen. 

Die Infrastruktur für Greifenburg ist unschlagbar. Ein örtliches Taxiunternehmen hat sich auf den Transfer der Piloten auf den Berg spezialisiert und das Fliegercamp bietet allen Luxus den man benötigt. Highlight ist der angrenzende Badesee, allerdings bei Temperaturen unter 10° C keine Option für mich.

Nach tollen Flügen in Greifenburg und einer erneut aufziehenden Front entscheide ich mich wieder auf die Alpennordseite zu fahren. Das verkürzt auch meinen Rückweg nach Berlin in zwei Tagen um 3-4 Stunden. Diesmal stehen Kössen und das Brauneck in Lenggries zur Auswahl. Die Entscheidung fällt aus Bequemlichkeit wieder auf Kössen.

Diesmal ist fliegerisch nicht viel möglich. Außer ein paar Abgleitern gelingt mir nichts. Die Tage beginnen auch recht spät. Die Feuchtigkeit der Nacht hält sich immer länger in Form von Hochnebel. Somit stehen morgens ausgiebige Wandertouren auf die umliegenden Berge auf dem Programm. Der Gleitschirm wird dabei bei der Bergstation oder einer Hütte deponiert. Für den Weg ins Tal nutze ich dann statt dem mühsamen Abstieg den Schirm und fliege entspannt ins Tal. Die ersten Hike n’ Fly versuche. Mit einer etwas leichteren Ausrüstung ist das eine Spielart des Gleitschirmfliegens die mir durchaus gefalle könnte.

Nach 10 Tagen und einer 7h Autobahnfahrt komme ich wieder in der lärmenden Großstatt an. Die nächsten Monate bin ich stark in die Arbeit eingebunden und muss somit eine lange Durststrecke überstehen bis ich das nächste mal in die Berge komme.

Fazit zu diesem Roadtrip mit Flugeinlagen?

Dank einschlägiger Wetterapps, Windfinder und dem Angebot von Austrocontrol kann man sich wettertechnisch bei einer solchen Reise mobil wunderbar informieren. Somit fällt es einem recht leicht das richtige Fluggebiet ausfindig zu machen. Die kurzen Schlechtwetterperioden ließen sich wunderbar zum Standortwechsel nutzen. Dank der guten Infrastruktur der Alpen ist man bei einem Wechsel von der Alpennord- zur Südseite nie wirklich länger als 3h unterwegs. Nur bei einem Wechsel von Ost nach West wird es schwieriger.

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