Nachdem wir die touristischen Highlights und die Pisten Transsilvaniens hinter uns gebracht haben, entschieden wir uns der Küste am Schwarzen Meer einen Abstecher zu bereiten.
Die Fahrt von Bran nach Konstanta führt zuerst ein weiteres Mal von Nord nach Süd durch die Karpaten. Um nun etwas zügiger voranzukommen entscheiden wir uns für eine der Hauptstraßen des Landes. Leider ohne Erfolg, denn es sind auch in Rumänien Schulferien. So machen sich viele Städter auf den Weg in die kleinen, sehr schön hergerichteten Dörfer in den Bergen. Lange vor Sinaia stehen wir bereits im Stau. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir den Großraum Bukarest und entscheiden uns für einen Zwischenstopp am Snagovsee nur wenige Kilometer nördlich von Bukarest. Auch hierhin hat es viele Bukarester verschlagen die hier Entspannung oder Party suchen.
Am nächsten Morgen nehmen wir die letzten 200km bis zum Schwarzen Meer unter die Räder.
Über den Bukarester Ring und die A2 ist Konstanta schnell erreicht. Wir halten uns schon vor Konstanta in Richtung Norden, da unser darauf folgendes Ziel das Donaudelta sein soll.
Gleich hinter Konstanta folgen die Ferienorte Mamaia und Navodari. Wir fahren einen empfohlenen Campingplatz in Mamaia an. Hier bleiben wir ganze 5 Minuten. Der Platz ist so voll, dass ohne Zelte zu verrücken für uns kein Platz mehr wäre. Die Dame am Empfang kann es gar nicht verstehen, dass uns dieser Platz nicht gefällt, als wir unser Geld für den bereits gezahlten Aufenthalt zurück verlangen. Ein paar Kilometer weiter nördlich am Rande von Navodari finden wir ein ruhigeres Plätzchen für uns. Es ist mit Sicherheit nicht der beste Platz auf dem wir drei Nächte verbringen, aber unter Blinden ist der Einäugige König.
Gleich nach der Ankunft stürmt Feline euphorisch in Richtung Meer um dann entsetzt festzustellen, dass das Schwarze Meer gar nicht schwarz ist. Wir verbringen 4 typische Urlaubstage am Strand von Navodari. Besonders Feline hat viel Spaß am Strand und bei den abendlichen Spaziergängen über die Promenade von Navodari.
Länger hätte uns hier nichts gehalten. Uns ist die Küste einfach zu voll. Somit geht die Reise weiter bis zum Scheitelpunk der gesamten Tour. Nach 170km erreichen wir den Ort Tulcea, der als Tour zum Donaudelta gilt. Wir entscheiden uns für einen der wenigen Campingplätze direkt im Delta. Dazu müssen wir mit der Fähre über den südlichsten Donauarm, Bratul St. Gheorghe übersetzen. Allein diese Überfahrt ist schon ein Erlebnis. Gerade einmal wir und vier weitere PKW passen auf die Fähre. Sowohl Auffahrt als auch Abfahrt ist einfach ein etwas verdichteter Strand. Wir müssen mit unserem dicken Oldtimer genau passend stehen, da sonst das Ponton nicht im Gleichgewicht ist und am Strand aufsetzt. Durch zentimetergenaues Verrollen verhelfen wir dem schwimmenden Ponton wieder zu Wasser unter dem Kiel.
Der Campingplatz in Partizani entpuppt sich als kleines Idyll mitten im Donaudelta am breitesten der drei Hauptärme, dem Bratul Sulina. Auch hier entscheiden wir uns länger zu bleiben und die absolute Ruhe nach den hektischen Tagen am Strand zu genießen. Die Tage vergehen schnell mit langen Spaziergängen durchs Delta, Abkühlungen im hauseigenen Pool und dem Baden von Würmchen an der Angel. Letztes leider ohne Erfolg. Trotzdem kommt abends frischer Fisch auf den Tisch. Die alten Donaufischer waren erfolgreicher als wir.
Auch in die Trinkgepflogenheiten der Rumänen darf ich mich einführen lassen. Ich lernte soviel rumänisch wie sonst in vielen Kursen an der VHS, nur leider habe ich alles vergessen nachdem ich wieder nüchtern war. Eine ganz wichtige Sache habe ich mir gemerkt! Schnaps wird aus Wassergläsern getrunken!
Nun haben wir den Scheitelpunkt unserer Reise erreicht. Weiter nach Osten geht es an dieser Stelle nicht mehr. Jetzt schmieden wir Pläne wie unsere weitere Reise aussehen könnte. Wir diskutieren lange, ob wir den ganzen Weg durch Rumänien wieder zurück zur ungarischen Grenze fahren und dann weiter über die Slowakei und Tschechien oder ob wir nach Norden fahren und uns den langwierigen Grenzkontrollen der Ukrainer stellen und Richtung Liviv fahren. Ein Visum für die Ukraine brauchen wir nicht, nur der Nachweis über genügend Devisen und den Nachweis einer gültigen Auslandskrankenversicherung. Letzteres haben wir leider nicht mit und müssten sie per Mail von unserer Versicherung anfordern. Da uns der ganze Aufwand zu groß ist entscheiden wir uns die Nordkarpaten und somit die Ukraine auf eine spätere Reise zu verschieben. Stattdessen soll es zurück auf die Nordseite der Karpaten gehen und von dort weiter in den Norden Rumäniens entlang der ukrainischen Grenze nach Satu Mare. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass alles anders kommen soll!
Von Tulcea führt uns unser Weg Richtung Braila. Kurz vor dieser großen Stadt wartet ein natürliches Hindernis auf uns, die Donau. Bis heute wurde hier an der Europastraße noch keine Brücke über die Donau gebaut und alle Fahrzeuge müssen auf kleine Fähren verladen werden. Dabei gibt es extra Fähren für PKW und eine für LKW. Natürlich müssen wir die für LKW nehmen und natürlich ist dort am meisten los. Die sehr netten rumänischen Fernfahrer die in brütender Sonne anstehen haben alle ein erbarmen mit uns schwitzenden Touris und lassen uns vor und somit als erste auf die Fähre! Das war wirklich sehr nett und hat ein riesiges Dankeschön verdient.
Generell haben wir durch die Bank nur nette und sehr hilfsbereite Rumänen kennengelernt. Jeder hat versucht mit seinen wenigen Brocken Englisch oder Deutsch uns weiterzuhelfen. Egal ob beim Suchen nach dem richtigen Weg oder beim Einkauf im Magazin Mixt, dem rumänischen Tante Emma Laden.
Von Braila geht es in die Karpaten. Hier finden wir einen sehr schönen Nachtplatz am Fuße des einzigen Schlammvulkans auf dem europäischen Festland. Leider kommen wir erst sehr spät Abends an, da das Suchen der richtigen Piste ein wirkliches Problem war. Weder Karte noch GPS konnte uns den richtigen Weg zeigen und so mussten wir nach einiger Zeit auf einer immer schmäler werdenden Piste umdrehen. Hier auf einem etwas breiteren Ziegenpfad war definitiv kein durchkommen für unseren dicken Ludwig.
Von den Vulkanen geht es weiter Richtung Norden, wir wollen ja noch immer nach Maramures in den Norden Rumäniens. Kurz vor der Mittagspause auf einer der zahlreichen Passstraßen will ich einen Gang zurück schalten und plötzlich kommt das Kupplungspedal nicht mehr zurück! Da das Schalten kaum mehr funktioniert entscheiden wir uns die Mittagspause vorzuverlegen. Während Sabine und Feline das Mittagessen vorbereiten, lege ich den Kupplungsgeberzylinder frei und inspiziere ihn. Er ist trocken. Hmm, dann kann es nur der Nehmerzylinder sein, also Fahrerhaus leer räumen und kippen. Auch dieser ist fast trocken, das bisschen was er verliert kann nicht den Druckverlust erzeugen. Auch Flüssigkeit ist vorhanden. Also muss Ludwig in die Werkstatt. Somit ist der neue Plan schnell gemacht. Wir fahren nach Brasov, der nächsten größeren Stadt. Mit viel Mühe und Zwischengas um ohne Kupplung schalten zu können kommen wir am frühen Nachmittag in Brasov an. Gleich die erste Werkstatt fahren wir an um erfahren zu müssen, dass heute Samstag ist und alle Werkstätten geschlossen haben. Das typische Los von Langzeitreisenden, man vergisst die Wochentage! Jetzt sitzen wir erst einmal 2 Tage fest, bevor wir was machen können. Plötzlich fällt uns ein, dass wir einen Campingplatz mit WiFi zwischen Brasov und Sibiu kennen. Den fahren wir an, denn mit dem dort vorhanden WiFi können wir besser eine Werkstatt ausfindig machen.
Das Wochenende verbringen wir wieder mit entspannen, recherchieren und Kuchen backen. Dank unseres hervorragenden Coleman Ofen ist der Sonntag bei Kaffee und Kuchen gerettet und unsere niederländischen Nachbarn plötzlich ziemlich beste Freunde.
Durch einen Eintrag in einem Overlander Forum bekomme ich die Telefonnummer eines nahe von Sibiu lebenden Rallyemechanikers. Dieser wird gleich am Montag morgen kontaktiert. Spontan können wir bei ihm vorbei kommen. Er ist genau wie ich etwas überrascht, dass keiner der Zylinder Druck verliert. Nach einigen Versuchen das System zu entlüften stellen wir fest, dass der Geberzylinder keinen Druck aufbaut. Also ist doch er der Übeltäter. Noch während ich am Nachdenken bin wo wir jetzt auf die schnelle einen neuen Zylinder herbekommen hat Dan das Teil komplett zerlegt. 32 Jahre alter Schmutz hat ihn blockiert. In Windeseile hat Dan den Zylinder gereinigt und wieder zusammengesetzt. Jetzt nur noch schnell der Einbau, entlüften, Flüssigkeit nachfüllen und für das ganze 20€ und eine Flasche Wein bezahlen, schon sind wir wieder auf der Straße.
Da die Reparatur viel schneller ging als erwartet finden wir Zeit uns Sibiu genauer anzuschauen. Sibiu auch Hermannstadt genannt ist die Hauptstadt Siebenbürgens, dem heutigen Transsilvanien.
Hier wurden lange vor den Weltkriegen deutschstämmige angesiedelt um die Ostgrenzen zu sichern und das Land fruchtbar zu machen. Die Zeitzeugen dieser Siebenbürgen Sachsen genannten deutschen Minderheit ist heute noch zu erkennen. Leider finden wir keinen Parkplatz in der Stadt. So muss der Besuch Sibius auf den Abend verlegt werden. Erst suchen wir uns einen stadtnahen Campingplatz und fahren anschließend den gleichen Weg nochmal mit dem Taxi in die Stadt. Sibiu ist wunderbar zu Fuß zu erkunden. Das Zentrum bewegt sich um die drei größten Plätze der Stadt und ist den Fußgängern vorbehalten. In einem sehr deutsch klingenden Wirtshaus lassen wir den Tag ausklingen.
Von Sibiu entscheiden wir uns die Rückreise über Ungarn und Österreich anzutreten, da nun unsere noch verbleibende Zeit zu knapp ist, um die Slowakei und Tschechien ausgiebig zu bereisen.
Österreich klingt für uns auch nach Erholung, so entscheiden wir uns noch ein paar Tage in den Alpen zu verbringen.
Nach einer letzten Nacht in der Nähe von Arad nehmen wir die recht lange Transitstrecke in die Alpen in Angriff. Damit wir dem Transitverkehr aus dem Weg gehen können entscheiden wir uns für den kleinsten Grenzübergang nach Ungarn. Leider war dies eine klassische Fehlentscheidung, denn die Grenzer weigern sich ein Fahrzeug über 7,5t abzufertigen. Auch alle Argumentation, dass wir Touristen in einem Camper sind und kein zu verzollender Truck helfen nicht. Wir müssen umdrehen, wieder in Rumänien einreisen und den großen Grenzübergang in Nadlac anfahren. Hier erwischen wir einen der „nettesten“ ungarischen Grenzschützer. Durch Klopfzeichen an die Fahrzeugtür gibt er uns zu verstehen, dass ihm das Rauskramen der Zulassung zu lange dauert. Dadurch verursacht er allerdings keine Beschleunigung bei uns, was dazu führt dass seine Passkontrolle langsamer wird, die Pässe mehrmals die Beamten wechseln und er unser Fahrzeug inspizieren möchte. Jetzt sind wir endlich in Ungarn, somit wieder im Schengenraum und können Grenzenlos bis ins Saarland reisen. Falsch gedacht, zur heutigen Zeit ist alles anders.
Aber erst einmal der Reihe nach. Wir erreichen in den frühen Abendstunden Györ, die letzte größere Stadt vor der österreichischen Grenze. Hier bleiben wir über Nacht um am nächsten Tag früh die 8h nach Tirol in Angriff zu nehmen. Nach einer Stunde Fahrt ist es aber wieder vorbei mit zügigem vorwärts kommen. Österreich macht in Nickelsdorf die Grenze dicht und kontrolliert jeden einreisenden. Der österreichische Grenzschützer ist von unserem Fahrzeug so angetan, dass er es natürlich sehen will und alle technischen Details wissen will. Danach noch ein Plausch über unsere bisherige Reise und ein Herzliches Willkommen in Österreich. Auch dies soll nicht die letzte Kontrolle gewesen sein!
Wo wir gerade auf dem Grenzhof stehen entscheide ich mich hier die Go-Box (Österreichische LKW Maut) wieder aufzuladen. Ein mittelgroßer Fehler. Der Herr der Asfinag, der österreichischen Autobahngesellschaft ist erst sehr nett. Als er die Go-Box ausliest fragt er verwundert, ob denn unsere Emmisionsklasse wirklich 1 sein. Ich verneine, sage ihm, dass sie sogar 0 ist. Darauf hin bekommen ich klargemacht, dass in Österreich seit 2014 ein ganzjähriges Fahrverbot für Euro 0 LKW besteht. Sehr schnell fangen meine Hirnwindungen an parallel zum Diskutieren auch die Europakarte abzurufen. Alternative? Doch Slowakei und Tschechien? Moment, ein Argument habe ich ja noch. Wir sind ein Oldtimer! Daraufhin laufen die Telefondrähte in dem kleinen Büro heiß und ich involviere zwischenzeitlich vier Mitarbeiter in mein Anliegen die Maut bezahlen zu dürfen. Hätte ich dies bloß an einer Tankstelle gemacht, statt hier direkt bei der Asfinag denke ich mir noch als ich grünes Licht bekomme. Oldtimer sind von dieser Regelung ausgenommen.
Nun kann es aber zügig durch die gesamte Republik gehen. Vorbei an Wien und Linz kommen wir nach Salzburg. Doch plötzlich Stau. Auch Deutschland hat wieder Grenzkontrollen eingeführt. Diesmal will aber keiner unser Fahrzeug sehen. Vielleicht kennen die Beamten aus Rosenheim noch unseren Ludwig aus früheren Zeiten, ist er doch bei der Polizei in Bayern gelaufen.
Nach 9h erreichen wir Tirol und entscheiden uns hier noch ein paar Tage zu bleiben bevor wir weiter Richtung Saarland Reisen. Den regnerischen Tag in den Bergen verbringen wir mit dem Herrichten unseres Trucks. Auf den letzten 6000km durch Südosteuropa musste er einiges einstecken.
Nach der Reise ist bekanntlich vor der Reise, so muss unser Ludwig fit sein um in 3 Wochen zu einem der größten Globetrottertreffen in Europa zu fahren, bevor es im Oktober wieder auf eine fünfwöchige Tour geht. Mehr dazu aber wenn es soweit ist.